Poly-Tour zur fux eG nach Hamburg

In zentraler Lage in Hamburg-Altona und weithin sichtbar liegt der Rest einer ehemaligen Infanteriekaserne. Die von einer Genossenschaft zu einem großen Kulturhaus gemacht wird. Ein inspirierender Besuch…

Gute Nachricht vorweg: Trotz der Unsicherheit und Panikmache von verschiedenen Seiten hat uns die Deutsche Bahn am 14. Oktober pünktlich, sicher und fröhlich nach Hamburg gebracht!

So, das war der eine Werbeblock, der andere ist eindeutig der fux eG gewidmet!
In zentraler Lage in Altona und weithin sichtbar liegt der Rest einer ehemaligen Infanteriekaserne. Empfangen haben uns Janina und Frank vom Vorstand – und uns einiges über die Geschichte des 1883 erbauten Gebäude erzählt, die nach der militärischen, polizeilichen und Gestapo-Nutzung, nach dem 2. Weltkrieg auch zum Wohnen und Forschen durch die Uni Hamburg genutzt wurden. Dann, als das Meeresforschungsinstitut endgültig auszog, sollte dieser letzte Block der vier- bis sechsmal so großen Kaserne abgerissen werden!
Das war praktisch die Einladung für zwei Bewegungen: „Frappant e.V.“ war ein Zusammenschluss von Künstler*nnen, die im ehemaligen Frappant-Kaufhaus interessante und krude klingende Veranstaltungen durchführten. Doch leider blieb die Besetzung erfolglos, denn das Gebäude wurde abgerissen. Der Verein zog in die Fux-Kaserne um.
Der Verein „LUX & Konsorten“ hingegen setzte sich, angesichts der Ansiedlung der üblichen großen Konzerne in Innenstädten, für die Schaffung von Räumen für kleinteilige und regionale Wirtschaft ein. Nach der Entwicklung eines gemeinsamen Übernahmekonzeptes, gründete sich die fux eG und der Rest der ehemaligen Viktoria-Kaserne wurde gekauft.
Es folgte ein Jahr überflüssigen Blablas mit der Stadt Hamburg, wie sich Frank ausdrückte, im zweiten Jahr begannen die konstruktiven Gespräche: 1 Million Kaufsumme, die die Genossenschaft erbringen musste, die aber schon mehrfach durch Fördermittel verschiedener Quellen wieder reingekommen sind! Das Gesamtvolumen insgesamt beläuft sich auf 5-7 Millionen Euro. Darüber finanziert sich ein eigener Bautrupp, die Projektleitung und natürlich Handwerker*innen und Planer*innen, für Arbeiten, die man nicht selbst machen kann.

Dann endlich begann die eigentliche Führung durchs Haus beginnend im Keller. Dort gab es zu Beginn des Umbaus die gleichen Probleme, wie im Poly-Haus: uralte Leitungen und Wasser! Im Keller zur Strasse hin, soll ein Laden für die fux-Produkte entstehen, doch während der Sanierung musste die Siebdruckwerkstatt hierher umziehen – ihre eigentlichen Räume werden gerade renoviert. Also ein fröhliches Umziehen innerhalb der Baustelle, denn die meisten Mieter*innen sind schon eingezogen!
Die fux-kaserne verfügt über 9000 Quadratmeter, die möglichst voll genutzt werden sollen. Die breiten Flure, sowie die großen über 30 Quadratmeter großen Stuben der Soldatenunterkünfte werden verkleinert, um (noch) mehr Fläche zu erhalten, um aber auch mehr abgeschlossene Räume zu schaffen bei sehr geringen Mieten von unter 5 Euro/qm.
Insgesamt vier Aufgänge mit Fahrstuhl, sieben oder acht Stockwerke mit langen Gängen, Türmchen, Latrinenanbauten – die fux-Kaserne ist ein Labyrinth. Wir haben vieles angesehen und sind sogar bis aufs Dach gestiegen. Die dortige Aussicht machte deutlich, wie zentral die fux-Kaserne liegt!

Dann haben wir die „Cantina“ aufgesucht. Bei Kaffee und Kuchen tauchten auch nach dem langen Rundgang noch zahlreiche Fragen auf. Wer sind die Mieter*innen: Bildende Künstler*innen, eine Fahrradwerkstatt, Grafik- und Modedesigner*innen, ein Umsonstladen, eine Foodcoop, Illustrator*innen, Architekt*innen und Stadtplaner*innen, eine Möbeltischlerei, Projekträume für Kinder- und Jugend-Workshops, eine Baumpflege-Firma, eine Stadtteil-Kantine, Fotograf*innen, Filmemacher*innen, Musiker*innen, Theaterleute, Programmierer*innen, Buch- und Filmverlage, ein Buchhaltungsbüro, ein Bildungsträger, ein Journalist*innenbüro, eine Polsterei, eine Instrumentenbauwerkstatt, eine Schneiderei und ein Ton- und Lichtanlagenverleih. Neben Einzel- und Gruppenateliers bzw. -werkstätten soll es eine Gästeetage, Seminar-, Projekt- und Workshopräume, Veranstaltungsräume, die Ausstellungsräume des Frappant e.V., Übungs- und Probenräume, Tanz, Theater und Musik sowie einen selbstorganisierten Jugendtreff und vieles mehr geben.

Frank vom Vorstand kennt sich in Sachen Buchhaltung aus. Er protegiert die sogenannte kommunistische Buchhaltung: Nicht gewinnorientiert und im öffentlich-gemeinschaftlichen Interesse!
Und natürlich gibt es bei so vielen Beteiligten auch Konflikte. Vom zukünftigen Namen der Kaserne bis zur Wahl neuer Mieter. Denn die Mieter*innen sind zugleich auch Genoss*innen und somit irgendwie Mitbesitzer*innen – fast alle Anteile werden von (potentiellen) Nutzer*innen gehalten. Doch diese Konflikte sollen einvernehmlich gelöst werden und es wird die Konfliktlösungsstrategie systemisches Konsensieren verfolgt, die alle Beteiligten mitnimmt – das hat bis jetzt immer ganz gut funktioniert, wurde uns versichert.

Nächstes Jahr veranstaltet die fux eG einen Tag der offenen Tür – wie sieht es aus, Genoss*innen: Sollen wir noch einmal zusammen hinfahren? Zu erleben gibt es genug, Inspiration pur!